Post by Josuha zu Magon on Mar 7, 2008 20:19:27 GMT -5
In einer Beziehung zu den Coquillarden stand auch der bedeutendste Dichter des französischen Spätmittelalters, Francois Villon. Villon werden insgesamt elf Balladen im Jargon zugeschrieben. Die zweite dieser Balladen spricht ihr Publikum ausdrücklich als coquillars an und bezieht sich außerdem anspielungsweise auf die Hinrichtung zweier Personen, Regnier de Montigny und Colin de Cayleux, von denen der Name des ersten in den Quellen zum Prozess von Dijon genannt wird und der zweite zu den crocheteurs gehörte, mit denen Villon selbst als Einbrecher aktenkundig wurde.
Regnier de Montigny wird von Villon auch schon im sogenannten Kleinen Testament, um 1456, erwähnt und dort als Edelmann oder "edler Mann", noble homme, apostrophiert, dem Villon als fiktives Legat drei Jagdhunde vermacht. Er wurde um 1429 in Bourges geboren und entstammte einer angesehenen Adelsfamilie mit hochrangigen Vertretern u. a. in der Pariser Justiz. Sein Vater, Jean de Montigny, königlicher Brotmeister und Mitglied des Pariser Stadtparlaments, hatte durch den Einzug der Burgunder in Paris einen großen Teil seines Vermögens verloren und war früh verstorben. Regnier absolvierte ein Studium und empfing die niederen Weihen. Er wird nicht mittellos gewesen sein, sah sich aber durch den Vermögensverlust der Familie und hohe Mitgiftzahlungen an zwei Töchter seines Vaters aus zweiter Ehe benachteiligt und schloss sich, wie es heißt, "verschiedenen Gesellschaften junger Leute" an, mit denen er eine Reihe von Verbrechen, darunter Kirchenraub, Einbruch, Trickbetrug und Falschspiel, beging. Nach verschiedenen Verhaftungen in Tours, Bordeaux und Paris sowie einer durch Begnadigung wieder aufgehobenen Verurteilung wegen Mordes wird er 1457 erneut wegen Kirchenraubes und anderer Vergehen in Paris verhaftet und zum zweiten mal zum Tode verurteilt, auf ein Gnadengesuch seiner Verwandten hin wird das Urteil jedoch im September 1457 durch einen königlichen Gnadenerlass in eine einjährige Kerkerstrafe umgewandelt, mit der Auflage, dass er anschließend eine Pilgerreise zum Grab des Heiligen Jakob unternehmen und dies durch eine Bescheinigung der dortigen Kirche nachweisen solle. Der Gnadenerlass wurde vom Klagevertreter der Stadt wegen Unvollständigkeit der zugrundegelegten Tatsachen angefochten, und es ist anzunehmen, dass der Prozess zuletzt doch noch zu jener Hinrichtung am Galgen führte, auf die sich die zweite Jargonballade anspielungsweise bezieht.
Colin de Cayeux, Sohn eines Schlossers und, wie Regnier und Villon selbst, studierter und unverheirateter clerc, hatte seit den 1450er Jahren eine Reihe von Verhaftungen in Paris, Bayeux und Rouen hinter sich gebracht und sein technisches Geschick als crocheteur u.a. auch durch einen Ausbruch aus dem Gefängnis des Erzbischofs von Rouen unter Beweis gestellt. Gemeinsam mit Villon, Guy Tabarie und einem Dom Nicolas hatte er am Weihnachtsabend 1456 einen Einbruch in das College de Navarre verübt, bei dem 500 Goldfranken erbeutet wurde. Seine Beteiligung und die Villons kamen 1458 heraus, als Guy Tabarie verhaftet wurde und ein Geständnis ablegte. Im Sommer 1460 wurde Colin de Cayeux in der Diözese von Beauvais gefasst und nach Paris überstellt. Der Ausgang des Prozesses, in dem er für verschiedene Vergehen, darunter auch den Einbruch von 1456, zur Rechenschaft gezogen werden sollte, ist nicht dokumentiert, aber Villons Anspielung auf Colin im "Großen Testament", um 1461, suggeriert, dass Colin zu dieser Zeit bereits hingerichtet worden war.
In einer Spelunke, wo Villon fast jede Nacht angetrunken in einer Ecke saß und an keinem Weltspektakel einen guten Faden ließ, traten die "Muschelbrüder" an ihn heran und nahmen ihn für ein anständiges Handgeld zum aktiven Mitarbeiter auf.
Jugend und Studium
Francois de Montcorbier, so die wahrscheinlichste Form seines Geburtsnamens, kam gegen Ende des Hundertjähriger Krieges in Paris als Sohn mittelloser Eltern zur Welt. Da sein Vater früh verstarb, kam er in die Obhut des Stiftsherrn und Rechtsgelehrten Guillaume de Villon, dessen Namen er später annahm. Nach propädeutischen Studien an der Artistenfakultät der Pariser Universität legte er 1449 die Prüfung als Bakkalaureus ab. 1452 erlangte er den Grad eines Magister Artium. Ein weiterführendes Studium, vermutlich der Theologie, hat er nach eigener Aussage zwar begonnen, aber nicht beendet.
Abgleiten in die Kriminalität
Der fast einjährige Streik der Pariser Professoren 1453 bis 1454 warf Villon offenbar aus der Bahn. Er glitt in das akademische Proletariat der Stadt ab und schloss sich wahrscheinlich sogar den in ganz Nordfrankreich gefürchteten kriminellen Banden der Coquillards an, die in den Wirren des Hundertjährigen Krieges entstanden waren.
Im Juni 1455 erstach Villon im Streit einen sicher ebenfalls kriminellen Priester und musste aus Paris fliehen. Doch schon im Jahr darauf konnte er dank einer Begnadigung durch König Karl VII. zurückkehren. Vermutlich schrieb er in diesem Jahr sein erstes halbwegs sicher datierbares Werk, die Ballade des Contre Verites. Diese spöttische Parodie, die eine lyrische Lobpreisung der Tugend von Alain Chartier in Ratschläge für Gauner verkehrt, richtete sich offensichtlich an ein Publikum gebildeter Krimineller.
Flucht und Wanderjahre
In der Nacht vor Weihnachten 1456 knackte Villon mit vier Komplizen einen 500 Goldkronen enthaltenden Tresor in der Sakristei des College de Navarre und entfernte sich bald danach erneut aus Paris, nicht ohne den Kumpanen sein erstes längeres Werk, das Lais oder Kleine Testament, zu hinterlassen. Im Herbst 1457 saß er aus unbekanntem Grund in Blois im Kerker, doch im letzten Moment vor der Hinrichtung rettete ihn eine Amnestie, die der Dichter und Herzog Charles d"Orleans anlässlich der Geburt seiner Tochter am 19. Dezember, erlies. Villon bedankte sich mit einem Dankgedicht und Lobgedicht, das ihm Zutritt zum herzoglichen Hof verschaffte.
Als er nach der Teinahme an einem höfischen Dichterwettstreit seinen Beitrag, die Ballade von den Vogelfreien, so der nicht ganz zutreffende Titel der sehr freien Nachdichtung von Paul Zech, selbst in ein Sammelmanuskript des Herzogs eintrug, konnte er es nicht unterlassen, noch ein Spottgedicht auf einen Rivalen hinzuzufügen. Daraufhin wurde er offenbar vor die Tür gesetzt und nahm sein unstetes Wanderleben wieder auf.
Drei Jahre später, 1461, saß er aus unbekanntem Grund einen ganzen Sommer erneut in Haft, diesmal in Meung sur Loire im Kerker des Bischofs von Orleans, Thibaut d"Aussigny. Seine Versuche, den Bischof mit der Ballade an seine Freunde und dem Zwiegespräch Villons mit seinem Herzen günstig zu stimmen, schlugen fehl. Er kam erst frei durch den Zufall, dass am 2. Oktober 1461 der neu gekrönte König Ludwig XI. auf einer Reise in Meung Station machte und ihn, vermutlich auf Fürbitte des ebenfalls anwesenden Charles d"Orleans, begnadigte. Er kehrte zurück nach Paris, versuchte wieder Anschluss an seinen Ziehvater Guillaume und dessen Kreise zu finden und begann wenig später mit der Niederschrift des großen Testaments, seines Hauptwerks.
Rückkehr und erneute Verurteilung
Sein Wunsch, ein neues Leben zu beginnen, erfüllte sich aber offenbar nicht. Vermutlich aus Enttäuschung und Not schloss er sich wieder dem Kriminellenmilieu an. Vermutlich stammen aus dieser Zeit des Rückfalls seine Balladen im Gaunerjargon. Anfang November 1462 saß er wegen eines Diebstahls kurz im Gefängnis und musste sich vor seiner Freilassung verpflichten, seinen Anteil an der Beute vom Einbruch im College de Navarre zurück zu erstatten. Bald darauf wurde er von Kumpanen in ein Handgemenge mit einem Notar und dessen Angestellten verwickelt, erneut inhaftiert und zum Tode verurteilt. Offenbar in der Todeszelle schrieb Villon buchstäblich mit Galgenhumor folgende Verse:
Quatrain
Je suis Francoys, dont il me poise,
Ne de Paris empres Pontoise,
Et de la corde d"une toise
Scaura mon col que mon cul poise.
Auf deutsch:
Ich bin Francois, was mir Kummer macht,
geboren in Paris bei Pontoise.
Und von einem eine Elle langen Strick
wird mein Hals erfahren, was mein Hintern wiegt.
Oder in der reichlich freien Nachdichtung von Paul Zech:
Ich bin Franzose, was mir gar nicht passt,
geboren zu Paris, das jetzt tief unten liegt;
ich hänge nämlich meterlang an einem Ulmenast
und spür am Hals, wie schwer mein Arsch hier wiegt.
Der oberste Gerichtshof, das Parlament von Paris, kassierte zwar aufgrund einer Berufung Villons das viel zu harte Urteil am 5. Januar 1463, wandelte es aber "wegen des schlimmen Lebenswandels besagten Villons" um in zehn Jahre Verbannung aus der Stadt und der Grafschaft Paris. Villon musste, mitten im Winter und praktisch vogelfrei, die Stadt verlassen. Ein bombastisches Dankgedicht an den Gerichtshof und eine spöttische Ballade an den Gefängnisschreiber, der ihn wohl gerne hätte hängen sehen, sind sein letztes Lebenszeichen. Hiernach sind keine verlässlichen Zeugnisse von ihm oder über ihn mehr erhalten.
Regnier de Montigny wird von Villon auch schon im sogenannten Kleinen Testament, um 1456, erwähnt und dort als Edelmann oder "edler Mann", noble homme, apostrophiert, dem Villon als fiktives Legat drei Jagdhunde vermacht. Er wurde um 1429 in Bourges geboren und entstammte einer angesehenen Adelsfamilie mit hochrangigen Vertretern u. a. in der Pariser Justiz. Sein Vater, Jean de Montigny, königlicher Brotmeister und Mitglied des Pariser Stadtparlaments, hatte durch den Einzug der Burgunder in Paris einen großen Teil seines Vermögens verloren und war früh verstorben. Regnier absolvierte ein Studium und empfing die niederen Weihen. Er wird nicht mittellos gewesen sein, sah sich aber durch den Vermögensverlust der Familie und hohe Mitgiftzahlungen an zwei Töchter seines Vaters aus zweiter Ehe benachteiligt und schloss sich, wie es heißt, "verschiedenen Gesellschaften junger Leute" an, mit denen er eine Reihe von Verbrechen, darunter Kirchenraub, Einbruch, Trickbetrug und Falschspiel, beging. Nach verschiedenen Verhaftungen in Tours, Bordeaux und Paris sowie einer durch Begnadigung wieder aufgehobenen Verurteilung wegen Mordes wird er 1457 erneut wegen Kirchenraubes und anderer Vergehen in Paris verhaftet und zum zweiten mal zum Tode verurteilt, auf ein Gnadengesuch seiner Verwandten hin wird das Urteil jedoch im September 1457 durch einen königlichen Gnadenerlass in eine einjährige Kerkerstrafe umgewandelt, mit der Auflage, dass er anschließend eine Pilgerreise zum Grab des Heiligen Jakob unternehmen und dies durch eine Bescheinigung der dortigen Kirche nachweisen solle. Der Gnadenerlass wurde vom Klagevertreter der Stadt wegen Unvollständigkeit der zugrundegelegten Tatsachen angefochten, und es ist anzunehmen, dass der Prozess zuletzt doch noch zu jener Hinrichtung am Galgen führte, auf die sich die zweite Jargonballade anspielungsweise bezieht.
Colin de Cayeux, Sohn eines Schlossers und, wie Regnier und Villon selbst, studierter und unverheirateter clerc, hatte seit den 1450er Jahren eine Reihe von Verhaftungen in Paris, Bayeux und Rouen hinter sich gebracht und sein technisches Geschick als crocheteur u.a. auch durch einen Ausbruch aus dem Gefängnis des Erzbischofs von Rouen unter Beweis gestellt. Gemeinsam mit Villon, Guy Tabarie und einem Dom Nicolas hatte er am Weihnachtsabend 1456 einen Einbruch in das College de Navarre verübt, bei dem 500 Goldfranken erbeutet wurde. Seine Beteiligung und die Villons kamen 1458 heraus, als Guy Tabarie verhaftet wurde und ein Geständnis ablegte. Im Sommer 1460 wurde Colin de Cayeux in der Diözese von Beauvais gefasst und nach Paris überstellt. Der Ausgang des Prozesses, in dem er für verschiedene Vergehen, darunter auch den Einbruch von 1456, zur Rechenschaft gezogen werden sollte, ist nicht dokumentiert, aber Villons Anspielung auf Colin im "Großen Testament", um 1461, suggeriert, dass Colin zu dieser Zeit bereits hingerichtet worden war.
In einer Spelunke, wo Villon fast jede Nacht angetrunken in einer Ecke saß und an keinem Weltspektakel einen guten Faden ließ, traten die "Muschelbrüder" an ihn heran und nahmen ihn für ein anständiges Handgeld zum aktiven Mitarbeiter auf.
Jugend und Studium
Francois de Montcorbier, so die wahrscheinlichste Form seines Geburtsnamens, kam gegen Ende des Hundertjähriger Krieges in Paris als Sohn mittelloser Eltern zur Welt. Da sein Vater früh verstarb, kam er in die Obhut des Stiftsherrn und Rechtsgelehrten Guillaume de Villon, dessen Namen er später annahm. Nach propädeutischen Studien an der Artistenfakultät der Pariser Universität legte er 1449 die Prüfung als Bakkalaureus ab. 1452 erlangte er den Grad eines Magister Artium. Ein weiterführendes Studium, vermutlich der Theologie, hat er nach eigener Aussage zwar begonnen, aber nicht beendet.
Abgleiten in die Kriminalität
Der fast einjährige Streik der Pariser Professoren 1453 bis 1454 warf Villon offenbar aus der Bahn. Er glitt in das akademische Proletariat der Stadt ab und schloss sich wahrscheinlich sogar den in ganz Nordfrankreich gefürchteten kriminellen Banden der Coquillards an, die in den Wirren des Hundertjährigen Krieges entstanden waren.
Im Juni 1455 erstach Villon im Streit einen sicher ebenfalls kriminellen Priester und musste aus Paris fliehen. Doch schon im Jahr darauf konnte er dank einer Begnadigung durch König Karl VII. zurückkehren. Vermutlich schrieb er in diesem Jahr sein erstes halbwegs sicher datierbares Werk, die Ballade des Contre Verites. Diese spöttische Parodie, die eine lyrische Lobpreisung der Tugend von Alain Chartier in Ratschläge für Gauner verkehrt, richtete sich offensichtlich an ein Publikum gebildeter Krimineller.
Flucht und Wanderjahre
In der Nacht vor Weihnachten 1456 knackte Villon mit vier Komplizen einen 500 Goldkronen enthaltenden Tresor in der Sakristei des College de Navarre und entfernte sich bald danach erneut aus Paris, nicht ohne den Kumpanen sein erstes längeres Werk, das Lais oder Kleine Testament, zu hinterlassen. Im Herbst 1457 saß er aus unbekanntem Grund in Blois im Kerker, doch im letzten Moment vor der Hinrichtung rettete ihn eine Amnestie, die der Dichter und Herzog Charles d"Orleans anlässlich der Geburt seiner Tochter am 19. Dezember, erlies. Villon bedankte sich mit einem Dankgedicht und Lobgedicht, das ihm Zutritt zum herzoglichen Hof verschaffte.
Als er nach der Teinahme an einem höfischen Dichterwettstreit seinen Beitrag, die Ballade von den Vogelfreien, so der nicht ganz zutreffende Titel der sehr freien Nachdichtung von Paul Zech, selbst in ein Sammelmanuskript des Herzogs eintrug, konnte er es nicht unterlassen, noch ein Spottgedicht auf einen Rivalen hinzuzufügen. Daraufhin wurde er offenbar vor die Tür gesetzt und nahm sein unstetes Wanderleben wieder auf.
Drei Jahre später, 1461, saß er aus unbekanntem Grund einen ganzen Sommer erneut in Haft, diesmal in Meung sur Loire im Kerker des Bischofs von Orleans, Thibaut d"Aussigny. Seine Versuche, den Bischof mit der Ballade an seine Freunde und dem Zwiegespräch Villons mit seinem Herzen günstig zu stimmen, schlugen fehl. Er kam erst frei durch den Zufall, dass am 2. Oktober 1461 der neu gekrönte König Ludwig XI. auf einer Reise in Meung Station machte und ihn, vermutlich auf Fürbitte des ebenfalls anwesenden Charles d"Orleans, begnadigte. Er kehrte zurück nach Paris, versuchte wieder Anschluss an seinen Ziehvater Guillaume und dessen Kreise zu finden und begann wenig später mit der Niederschrift des großen Testaments, seines Hauptwerks.
Rückkehr und erneute Verurteilung
Sein Wunsch, ein neues Leben zu beginnen, erfüllte sich aber offenbar nicht. Vermutlich aus Enttäuschung und Not schloss er sich wieder dem Kriminellenmilieu an. Vermutlich stammen aus dieser Zeit des Rückfalls seine Balladen im Gaunerjargon. Anfang November 1462 saß er wegen eines Diebstahls kurz im Gefängnis und musste sich vor seiner Freilassung verpflichten, seinen Anteil an der Beute vom Einbruch im College de Navarre zurück zu erstatten. Bald darauf wurde er von Kumpanen in ein Handgemenge mit einem Notar und dessen Angestellten verwickelt, erneut inhaftiert und zum Tode verurteilt. Offenbar in der Todeszelle schrieb Villon buchstäblich mit Galgenhumor folgende Verse:
Quatrain
Je suis Francoys, dont il me poise,
Ne de Paris empres Pontoise,
Et de la corde d"une toise
Scaura mon col que mon cul poise.
Auf deutsch:
Ich bin Francois, was mir Kummer macht,
geboren in Paris bei Pontoise.
Und von einem eine Elle langen Strick
wird mein Hals erfahren, was mein Hintern wiegt.
Oder in der reichlich freien Nachdichtung von Paul Zech:
Ich bin Franzose, was mir gar nicht passt,
geboren zu Paris, das jetzt tief unten liegt;
ich hänge nämlich meterlang an einem Ulmenast
und spür am Hals, wie schwer mein Arsch hier wiegt.
Der oberste Gerichtshof, das Parlament von Paris, kassierte zwar aufgrund einer Berufung Villons das viel zu harte Urteil am 5. Januar 1463, wandelte es aber "wegen des schlimmen Lebenswandels besagten Villons" um in zehn Jahre Verbannung aus der Stadt und der Grafschaft Paris. Villon musste, mitten im Winter und praktisch vogelfrei, die Stadt verlassen. Ein bombastisches Dankgedicht an den Gerichtshof und eine spöttische Ballade an den Gefängnisschreiber, der ihn wohl gerne hätte hängen sehen, sind sein letztes Lebenszeichen. Hiernach sind keine verlässlichen Zeugnisse von ihm oder über ihn mehr erhalten.