Post by Katrin Coquillarde on Mar 6, 2007 17:28:41 GMT -5
Der folgende Text stammt aus dem Buch: "Der Bayrische Hiasl als heimatgeschichtliche, volkstümliche und literarische Gestalt" von Dr. phil. Waldemar Nowey.
Schon im 18. Jahrhundert wurden psychologisierende Hiasl-Biografien geschrieben, die versuchten, Motive für das jeweilige Verhalten zu entdecken. Die moderen Psychologie erklärt Menschenschicksale vor allem aus den individuellen Lebens- und Lerngeschichten.
schon mit 16 Jahren verlor Hiasl seine Mutter Elisabeth Klostermair. Hätte sie länger gelebt, vielelicht hätte Hiasl in seiner Jugendzeit auf ihren Rat mehr gehört als auf den seines Vaters. Beide wollten ihren Sohn in Kissing halten. Umsonst.
Hatte er auch in Mergenthau eine gute Ausbildung erfahren, so war für Hiasls künftige Lebenseinstellung mitendscheidend, dass er als getreuer Jagdgehilfe von den dort wirkenden Jesuiten verstoßen wrude, nur weil er den Pater venantius als einen "Katzenschützen" im Fasching übermütig verspottete. Wegen dieser Jugendsünde durfte er auch nicht mehr dem fusskranken Jäger Wörsching ein Jagdhelfer sein.
So fing eben der Hiasl als angesehener Oberknecht "beim Seheransenbauern Baumiller" zu wildern an. Dem Hofbesither gefiel allmählich das unstete Herumtreiben seines Schützlings nicht, zumal der Hiasl der Liebhaber seiner Monika war. Es kam zu Spannungen. Hiasl verließ den Bauernhof am 24. April 1761 vorzeitig, da er nicht - wie sonst üblich - erst zum Lichtmeßtag des nächsten Jahres kündigen wollte.
Offensichtlich ging diese Entwicklung des jungen Hiasl von seinen Erlebnissen auf dem Schloßgut Mergenthau aus, zumindest wurde von daher sein Verhalten in der Folgezeit wesentlich geprägt. Veranlagung und Umweltbedingungen erklären vielfach menschliche Entwicklungen, auch Verwicklungen und das Schuldigwerden. Das Eingebundensein in regionale Zusammenhänge kennzeichnet auch soziale Bezüge. Jedenfalls erscheint es mir an dieser Stelle als angebracht, eine kurze Beschreibung der landschaftlichen und sozioökonomsichen Gegebenheiten des Mergenthauer Landbesitzes einzuflechten:
Die Jesuiten erhielten am 10. Juli 1602 vom Augsburger Bischof Heinrich die Burgstelle Mergenthau mit allen Zehnten und Rechten der niederen Gerichtsbarkeit unter der Landeshoheit der beyerischen Herzöge. Sie blieben dort, bis Papst Clemens XIV. am 21. Juli 1773 ihren Orden "um des lieben Friedens willen" auflöste. Von 1753 bis 1755 war ihnen der Bayrische Hiasl ein treuer Gehilfe in der Jagd- und Waldaufsicht. Jugenderlebnisse prägten den "Fürsten der Wälder" nachhaltig.
Die Waldwirtschaft um Mergenthau lag damals im Argen. Es gab viel zu viele Hiersche im Lechfeld und unzählige Wildschweine im nahe Heilachwald.
Die Dreifelderwirtschaft führte zur "ungerechten gemeinschaftlichen Brachweide". Man sprach von einer "Barbarei im Weide-, Hirten- und Jagdwesen".
Etwas abseits vom modernen Straßen- und Schienenverkehr, zwischen München und Augsburg - auf einer bewaldeten Lechmoräne gelegen, erinnert Mergenthau noch heute an den Bayrischen Hiasl. Der Mergenthauer Wald ist der Kleinraum vieler Hiasl-Geschichten, die sich dann über das gesamte bajuwarische Stammland verbreiteten.
Hier bricht nicht nur die Paar aus der Lechebene durch die teritiären Hügelketten, um einen eigenen Weg zur Donau zu finden; von hier aus wurde auch Matthäus Klostermair, nach seinem Ausbruch über den Lech nach Schwaben zum Bayrischen Hiasl.
Die Schloßchronik von Mergenthau erzählt also nicht nur geheimnisvolle Sagen über Wichteln in unterirdischen Gängen, die bis in das erste nachchristliche Jahrhundert zurückreichen sollen, oder über die "drei Burgfräulein", sondern auch solche über den "Brentan-Hiasl", den auch die derzeige Gutsherrin sehr schätzt.
der Kleinraum um Mergenthau hat erhebliche historische Bedeutung, worauf hier nur deswegen kurz hingewiesen werden soll, weil geschichtliche Entwicklungen stets auch raumprägend sind:
Das Schloßgut Mergenthau ist Zeuge von historischen Stammeskämpfen wie von friedlichen und bedeutsamen feierlichen Ereignissen. Als Burgstall "Mergentowe" von den Agilolfingern erbaut, besiegte hier 743 der Franke Pippin den "Altbaiern" Odilo.
Hier tobte 955 die Schlacht auf dem Lechfelde. Im 13. Jahrhunder sodann war "Mergartau" Aufenthaltsort der Augsburger Bischöfe. Im Kampf mit den Bayernherzögen Rudolf, Stephan und Friedrich wurde das Gut 1296 fast und 1372 ganz zerstört, jedoch immer wieder aufgebaut.
Mergenthau hatte Anteil an den Ereignissen auf dem nahen kaiserlichen Hügel "Gunzenlee", wo 1197 der Staufe Philipp und schon 1127 der Bayer Heinrich der Stolze heirateten. Letzterer wurde später am selben Ort von Kaiser Konrad III. geächtet. Hier wurde auch von Otto IV. gegen den Markgrafen von Andechs die Acht ausgesprochen.
Am "Gunzenlee" sammelten sich viele Heere, auch der unglückliche Konradin zog von dieser Dingstätte aus nach Italien.
Doch nun zu den Besitzverhältnissen in Mergenthau vor und nach der Zeit des Bayrischen Hiasl:
Nachdem Herzog Ludwig der Reiche das bischöflich-augsburgische Mergenthau mit der Hofmark Kissing dem Landgericht Friedberg unterstellt hatte, verkaufte Bischof Heinrich 1602 diesen Besitz an die Jesuiten.
Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wechselte mergenthau mehrfach die Besitzer. Zwischenzeitlich gehörte es auch der freien Reichsstadt Augsburg, dem dortigen katholischen Schulfonds sowie den privaten Besitzern Münch, Geneve und Bodenöhr. Seit 1828 ist das Schlossgut Mergenthau im Besitz der Familien Samm-Ehnle.
Schon im 18. Jahrhundert wurden psychologisierende Hiasl-Biografien geschrieben, die versuchten, Motive für das jeweilige Verhalten zu entdecken. Die moderen Psychologie erklärt Menschenschicksale vor allem aus den individuellen Lebens- und Lerngeschichten.
schon mit 16 Jahren verlor Hiasl seine Mutter Elisabeth Klostermair. Hätte sie länger gelebt, vielelicht hätte Hiasl in seiner Jugendzeit auf ihren Rat mehr gehört als auf den seines Vaters. Beide wollten ihren Sohn in Kissing halten. Umsonst.
Hatte er auch in Mergenthau eine gute Ausbildung erfahren, so war für Hiasls künftige Lebenseinstellung mitendscheidend, dass er als getreuer Jagdgehilfe von den dort wirkenden Jesuiten verstoßen wrude, nur weil er den Pater venantius als einen "Katzenschützen" im Fasching übermütig verspottete. Wegen dieser Jugendsünde durfte er auch nicht mehr dem fusskranken Jäger Wörsching ein Jagdhelfer sein.
So fing eben der Hiasl als angesehener Oberknecht "beim Seheransenbauern Baumiller" zu wildern an. Dem Hofbesither gefiel allmählich das unstete Herumtreiben seines Schützlings nicht, zumal der Hiasl der Liebhaber seiner Monika war. Es kam zu Spannungen. Hiasl verließ den Bauernhof am 24. April 1761 vorzeitig, da er nicht - wie sonst üblich - erst zum Lichtmeßtag des nächsten Jahres kündigen wollte.
Offensichtlich ging diese Entwicklung des jungen Hiasl von seinen Erlebnissen auf dem Schloßgut Mergenthau aus, zumindest wurde von daher sein Verhalten in der Folgezeit wesentlich geprägt. Veranlagung und Umweltbedingungen erklären vielfach menschliche Entwicklungen, auch Verwicklungen und das Schuldigwerden. Das Eingebundensein in regionale Zusammenhänge kennzeichnet auch soziale Bezüge. Jedenfalls erscheint es mir an dieser Stelle als angebracht, eine kurze Beschreibung der landschaftlichen und sozioökonomsichen Gegebenheiten des Mergenthauer Landbesitzes einzuflechten:
Die Jesuiten erhielten am 10. Juli 1602 vom Augsburger Bischof Heinrich die Burgstelle Mergenthau mit allen Zehnten und Rechten der niederen Gerichtsbarkeit unter der Landeshoheit der beyerischen Herzöge. Sie blieben dort, bis Papst Clemens XIV. am 21. Juli 1773 ihren Orden "um des lieben Friedens willen" auflöste. Von 1753 bis 1755 war ihnen der Bayrische Hiasl ein treuer Gehilfe in der Jagd- und Waldaufsicht. Jugenderlebnisse prägten den "Fürsten der Wälder" nachhaltig.
Die Waldwirtschaft um Mergenthau lag damals im Argen. Es gab viel zu viele Hiersche im Lechfeld und unzählige Wildschweine im nahe Heilachwald.
Die Dreifelderwirtschaft führte zur "ungerechten gemeinschaftlichen Brachweide". Man sprach von einer "Barbarei im Weide-, Hirten- und Jagdwesen".
Etwas abseits vom modernen Straßen- und Schienenverkehr, zwischen München und Augsburg - auf einer bewaldeten Lechmoräne gelegen, erinnert Mergenthau noch heute an den Bayrischen Hiasl. Der Mergenthauer Wald ist der Kleinraum vieler Hiasl-Geschichten, die sich dann über das gesamte bajuwarische Stammland verbreiteten.
Hier bricht nicht nur die Paar aus der Lechebene durch die teritiären Hügelketten, um einen eigenen Weg zur Donau zu finden; von hier aus wurde auch Matthäus Klostermair, nach seinem Ausbruch über den Lech nach Schwaben zum Bayrischen Hiasl.
Die Schloßchronik von Mergenthau erzählt also nicht nur geheimnisvolle Sagen über Wichteln in unterirdischen Gängen, die bis in das erste nachchristliche Jahrhundert zurückreichen sollen, oder über die "drei Burgfräulein", sondern auch solche über den "Brentan-Hiasl", den auch die derzeige Gutsherrin sehr schätzt.
der Kleinraum um Mergenthau hat erhebliche historische Bedeutung, worauf hier nur deswegen kurz hingewiesen werden soll, weil geschichtliche Entwicklungen stets auch raumprägend sind:
Das Schloßgut Mergenthau ist Zeuge von historischen Stammeskämpfen wie von friedlichen und bedeutsamen feierlichen Ereignissen. Als Burgstall "Mergentowe" von den Agilolfingern erbaut, besiegte hier 743 der Franke Pippin den "Altbaiern" Odilo.
Hier tobte 955 die Schlacht auf dem Lechfelde. Im 13. Jahrhunder sodann war "Mergartau" Aufenthaltsort der Augsburger Bischöfe. Im Kampf mit den Bayernherzögen Rudolf, Stephan und Friedrich wurde das Gut 1296 fast und 1372 ganz zerstört, jedoch immer wieder aufgebaut.
Mergenthau hatte Anteil an den Ereignissen auf dem nahen kaiserlichen Hügel "Gunzenlee", wo 1197 der Staufe Philipp und schon 1127 der Bayer Heinrich der Stolze heirateten. Letzterer wurde später am selben Ort von Kaiser Konrad III. geächtet. Hier wurde auch von Otto IV. gegen den Markgrafen von Andechs die Acht ausgesprochen.
Am "Gunzenlee" sammelten sich viele Heere, auch der unglückliche Konradin zog von dieser Dingstätte aus nach Italien.
Doch nun zu den Besitzverhältnissen in Mergenthau vor und nach der Zeit des Bayrischen Hiasl:
Nachdem Herzog Ludwig der Reiche das bischöflich-augsburgische Mergenthau mit der Hofmark Kissing dem Landgericht Friedberg unterstellt hatte, verkaufte Bischof Heinrich 1602 diesen Besitz an die Jesuiten.
Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wechselte mergenthau mehrfach die Besitzer. Zwischenzeitlich gehörte es auch der freien Reichsstadt Augsburg, dem dortigen katholischen Schulfonds sowie den privaten Besitzern Münch, Geneve und Bodenöhr. Seit 1828 ist das Schlossgut Mergenthau im Besitz der Familien Samm-Ehnle.