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Post by Fenia Rüerenzumpf on Dec 29, 2009 16:58:38 GMT -5
1) Über den Autor
- Lebensdaten: 1376/78 - 2.8.1445 (Kloster von Brixenstein/Neustift) - Fehlbildung am rechten Auge -> auf Darstellungen überliefert - Wirkungsbereich: Ostoberdeutschland, Tirol (heute Südtirol) - 2. Sohn der Familie, viele Reisen, - Erbstreit um die Burg Haunstein: 1 Drittel Oswald und sein Bruder, 1 Drittel ihr Bruder Leonhard, 1 Drittel Martin Jäger (dessen Schwester ist Oswalds Minnedame) -> Oswald möchte die ganze Burg
2) Gesellschaft
- Konflikt zwischen Herzog Friedrich mit der leeren Tasche von Tirol und dessen königsnahen Adeligen (zu diesen zählt Oswald)
- 1414 bis 1418: Konzil von Konstanz * Ziel: Kirchenspaltung auflösen * Hintergrund: 1378 residiert der Papst in Avignon wegen Unruhen in Rom -> frz. Einfluss -> "Gegenpapst" -> Kardinäle wählen in Rom einen neuen Papst (bis 1407); 1409 Konzil von Pisa: beide Päpste erscheinen nicht -> Wahl eines 3. Papstes * 1415: Verbrennung von Hus ("tschechischer Luther") * Oswald trifft Kaiser Sigismund und dient ihm als Diplomat -> Reise nach Portugal zum Gegenpapst Pedro de Luna (Benedikt XIII), Anfrage ob dieser nach Rom zurückkehren will -> heikle Mission, scheitert
3) Überlieferung
- Urkunden - Selbstdarstellung Oswalds in weltlicher und geistiger Lyrik (acuh selbstkritisch ggü. seinen politischen Machenschaften) - Melodien und Noten überliefert! * "Hufnagel-Noten" (Form; mit Hals = Halbe, ohne Hals = Ganze) * 5 Notenlinien * kein Taktsystem * manchmal mehrstimmig komponiert
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Post by Fenia Rüerenzumpf on Dec 29, 2009 17:02:05 GMT -5
Autobiographische Texte
z.B. Strophe über seine Mission in Portugal
-> in einem Rückblick auf sein Leben (Memoiren eines Diplomaten) -> verfasst mit 38 Jahren kurz vor seiner Hochzeit -> Auszug (aus meiner Übersetzung): Eine Königin von Aragon, die war so schön und zart, vor ihr kniete ich, reichte ihr den Bart. Mit weißen Händlein band sie da rein ein Ringlein zart [und] lieblich und sprach...
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Post by Katrin Coquillarde on Dec 29, 2009 17:10:16 GMT -5
Kleiner Beitrag am Rande zur unter"malung" deiner wirklich interessanten und wertvollen Beiträge...
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Post by Fenia Rüerenzumpf on Dec 29, 2009 17:14:34 GMT -5
Klerische Texte
-> z.B. ein "Tagelied" (Lied bei Tagesanbruch: Liebespaar trennt sich) -> bei Oswald: Übertragung der weltlichen Formen auf geistliche Inhalte -> Mehrdeutigkeit der Worte, Metaphorik im erotischen Bereich (z.B. auch: bluomen brechen = Geschlechtsakt = lat. "deflorare")
Text: "Fröhlich, zärtlich" (nach meiner Übersetzung) Fröhlich, zärtlich, lieblich und strahlend, lustlich, stille, leise, in sanfter, süßer, keuscher, seiner Weise wach (auf), du minnegliches, schönes Weib, reck, streck, schnür dein(en) zarten, stolzen Leib! Schließ auf dein(e) sehr lichten Äuglein klar! Heimlich nimm wahr, wie sich verschart der Sterne Garten (wie... als Schar abzieht) in der schönen, heitren, klaren Sonne Glanz. Wohl auf zum Tanz! Machen (wir doch) einen schönen Kranz von dem Aufsprießen der gelben, braunen, blauen, grauen gelben, roten, weißen, violetten Blumen.
Schläfrigkeitsartig, mundartig, schmeichelnd, zispernd, wispernd, freundliche Sprachen (soll dein Mund sprechen) auf weidliche, gute, reine Sachen, so voll und rot er ist, der sehr mein Herz lieblich hat erzündet und mich fürwahr tausend Mal erweckt, freundlich erschreckt, aus Schlafes Traum, so ich ergaume (mit dem Gaumen wahrnehme) eine so wohlgezierte, rote, enge Spalte, lächerlich/lächelnsartig gestalt, lipplich, mäulisch, gefäßartig, rosenfarbig, leuchtend in eifriger Weise waidlich gemalt.
Wollte sie, sollte sie, täte sie und käme sie, (dann) nähme sie meinem Herzen den sehnsuchtsvollen, großen, harten Schmerz, und ein Brüstlein weiß darauf drückte, ...(?) schlicht so wäre mein Trauern weggerückt. Wie möchte ein zartes, säuberliches Mädchen lustvoller zieren mein Herz ohne schlimmen Schmerz mit so wonnevoller, zarter, reiner Lust? Der Mund soll das Mündlein geküsst haben, Zunge an Zünglein, Brüstlein an Brust, Bauch an Bäuchlein, Struppiges an kleines Struppiges schnell zu Fleiß allzeit frisch gepresst.
Anmerkungen: "wie sich verschart der Sterne Garten in der schönen... Sonne Glanz"-> topos der Liebeslyrik: alle Frauen = Sterne, eigene Frau = Sonne; der Sonne müssen alle Sterne weichen "wohl auf zum Tanz" -> topos: Tanzaufforderung "machen wir doch einen schönen Kranz..." -> topos: Aufenthalt in der Natur, "bluomen brechen" = Sex
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Post by Fenia Rüerenzumpf on Dec 29, 2009 17:15:26 GMT -5
au ja, das ist ja klasse! Dieses Bild hatte ich auch in schwarz-weiß auf dem Handout, aber schlecht erkennbar. Auch die Schrift ist schwer zu lesen. Die Noten könnte ich allerdings mal einscannen und hier posten.
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