Post by Katrin Coquillarde on Mar 5, 2007 16:33:56 GMT -5
Komen ist uns ein liehtiu ougenweide!
Neidhart von Reuental
Komen ist uns ein liehtiu ougenweide:
man siht der rôsen wunder ûf der heide,
die bluomen dringent durch daz gras.
schône ein wise getouwet was,
dâ mir mîn geselle zeinem kranze las.
Nu ist der küele winder gar zergangen,
diu naht ist kurz, der tac beginnet langen,
sich hebet ein wünneclîchiu zît,
diu al der werlde vreude gît;
baz gesungen nie die vogele ê noch sît.
Der walt hât sîner grîse gar vergezzen,
der meine ist ûf ein grüenez zwî gesezzen:
er hât gewunnen loubes vil.
bint dir balde, trûtgespil!
dû weist wol, daz ich mit einem ritter wil.
Daz gehôrte der mägde muoter tougen;
si sprach: "behalte hinne vür dîn lougen!
dîn wankelmuot ist offenbâr.
wint ein hüetel um dîn hâr!
dû muost âne dîne wât, wilt an die schar."
"Muoter mîn, wer gap iu daz ze lêhen,
daz ich iuch mîner waete solde vlêhen,
dern gespunnet ir nie vadem?
lâzet ruowen solhen kradem!
wâ nu slüzzel? sliuz ûf balde mir daz gadem!"
Diu wât diu was in einem schrîne versperret:
daz wart bî einem staffel ûf gezerret.
diu alte ir leider nie gesach:
dô daz kint ir kisten brach,
dô gesweic ir zunge, daz si niht ensprach.
Dar ûz nam sî daz röckel alsô balde,
daz was gelegen in maneger kleinen valde.
ir gürtel was ein rieme smal.
in des hant von riuwental
warf diu stolze maget ir gickelvêhen bal.
Übersetzung:
Ein strahlender Anblick liegt vor unseren Augen:
unzählige Rosen sieht man auf der Heide,
die Blumen sprießen durch das Gras.
Mit frischem Tau war die Wiese benetzt,
auf der mir mein Liebster Blumen zum Kranze las.
Nun ist der kalte Winter endlich vorbei,
die Nächte sind kurz, die Tage werden länger,
eine herrliche Zeit bricht an,
die aller Welt Freunde schenkt.
Schöner haben die Vögel noch nie gesungen.
Der Wald weiß nichts mehr von seiner grauen Farbe,
der Mai hat sich auf einem grünen Zweig niedergelassen.
Neues Laub hat er in Fülle.
Setz schnell deinen Kranz auf, liebe Freundin!
Du weißt doch, dass ich zu einem Ritter will.
Das hörte des Mädchens Mutter heimlich.
Sie sprach: "Hör auf, es länger abzuleugnen1
Dein Leichtsinn liegt offen zutage.
Bind dir lieber ein Kopftuch ums Haar!
Du musst ohne dein Kleid gehen, wenn du zur Tanzschar willst."
"Liebe Mutter, wer gab euch das Recht dazu,
dass ich euch um mein Kleid erst anflehen müßte,
von dem ihr keinen einzigen Faden gesponnen habt?
Hört auf mit solchem Spektakel!
wo ist der Schlüssel? Schließt schleunigst mir auf die kammer!"
Das Kleid war in einem Schrank eingeschlossen.
Mit einem Stuhlbein wurde der aufgezwängt.
Die Alte hatte nie etwas Betrüblicheres gesehen.
Als das Mädchen ihren Kasten aufbrach,
verschlug's ihr die Sprache, so dass sie kein Wort mehr hervorbrachte.
Geschwind nahm sie das Röckchen heraus,
das war in viele zierliche Falten gelegt.
Ihr Gürtel war wein schmales Band.
In die Hand des Reuentalers
warf das übermütige Mädchen ihren buntscheckigen Ball.
Neidhart von Reuental
Komen ist uns ein liehtiu ougenweide:
man siht der rôsen wunder ûf der heide,
die bluomen dringent durch daz gras.
schône ein wise getouwet was,
dâ mir mîn geselle zeinem kranze las.
Nu ist der küele winder gar zergangen,
diu naht ist kurz, der tac beginnet langen,
sich hebet ein wünneclîchiu zît,
diu al der werlde vreude gît;
baz gesungen nie die vogele ê noch sît.
Der walt hât sîner grîse gar vergezzen,
der meine ist ûf ein grüenez zwî gesezzen:
er hât gewunnen loubes vil.
bint dir balde, trûtgespil!
dû weist wol, daz ich mit einem ritter wil.
Daz gehôrte der mägde muoter tougen;
si sprach: "behalte hinne vür dîn lougen!
dîn wankelmuot ist offenbâr.
wint ein hüetel um dîn hâr!
dû muost âne dîne wât, wilt an die schar."
"Muoter mîn, wer gap iu daz ze lêhen,
daz ich iuch mîner waete solde vlêhen,
dern gespunnet ir nie vadem?
lâzet ruowen solhen kradem!
wâ nu slüzzel? sliuz ûf balde mir daz gadem!"
Diu wât diu was in einem schrîne versperret:
daz wart bî einem staffel ûf gezerret.
diu alte ir leider nie gesach:
dô daz kint ir kisten brach,
dô gesweic ir zunge, daz si niht ensprach.
Dar ûz nam sî daz röckel alsô balde,
daz was gelegen in maneger kleinen valde.
ir gürtel was ein rieme smal.
in des hant von riuwental
warf diu stolze maget ir gickelvêhen bal.
Übersetzung:
Ein strahlender Anblick liegt vor unseren Augen:
unzählige Rosen sieht man auf der Heide,
die Blumen sprießen durch das Gras.
Mit frischem Tau war die Wiese benetzt,
auf der mir mein Liebster Blumen zum Kranze las.
Nun ist der kalte Winter endlich vorbei,
die Nächte sind kurz, die Tage werden länger,
eine herrliche Zeit bricht an,
die aller Welt Freunde schenkt.
Schöner haben die Vögel noch nie gesungen.
Der Wald weiß nichts mehr von seiner grauen Farbe,
der Mai hat sich auf einem grünen Zweig niedergelassen.
Neues Laub hat er in Fülle.
Setz schnell deinen Kranz auf, liebe Freundin!
Du weißt doch, dass ich zu einem Ritter will.
Das hörte des Mädchens Mutter heimlich.
Sie sprach: "Hör auf, es länger abzuleugnen1
Dein Leichtsinn liegt offen zutage.
Bind dir lieber ein Kopftuch ums Haar!
Du musst ohne dein Kleid gehen, wenn du zur Tanzschar willst."
"Liebe Mutter, wer gab euch das Recht dazu,
dass ich euch um mein Kleid erst anflehen müßte,
von dem ihr keinen einzigen Faden gesponnen habt?
Hört auf mit solchem Spektakel!
wo ist der Schlüssel? Schließt schleunigst mir auf die kammer!"
Das Kleid war in einem Schrank eingeschlossen.
Mit einem Stuhlbein wurde der aufgezwängt.
Die Alte hatte nie etwas Betrüblicheres gesehen.
Als das Mädchen ihren Kasten aufbrach,
verschlug's ihr die Sprache, so dass sie kein Wort mehr hervorbrachte.
Geschwind nahm sie das Röckchen heraus,
das war in viele zierliche Falten gelegt.
Ihr Gürtel war wein schmales Band.
In die Hand des Reuentalers
warf das übermütige Mädchen ihren buntscheckigen Ball.